»Jetzt Leuteln, jetzt hörts amoi zua! Mei Gsangl is wohl ein wenig alt. Es ist aber dennoch schee gnua I mein, daß es euch allesammt gfallt.« So beginnt die wohl bekannteste Weih- nachtsgeschichte im Süddeutschsprachigen Raum – Ludwig Thomas »Heilige Nacht« – ein Klassiker der bayrischen Literatur. Spätestens wenn die erste Strophe des ersten Zwischen- gesangs erklingt, dann ist der Zuhörer dem Zauber der Weihnachtslegende erlegen. Egal, ob er den bairischen Dialekt liebt oder ihn versteht, egal ob er mit der Geburt Christi etwas anfangen kann oder nicht. Seit Thoma vor beinah 100 Jahren die Idee hatte, die biblische Legende in einem oberbayerischen Dorf spielen zu lassen, hat der Text nichts von seiner Kraft verloren und bleibt mit seiner Kernaussage bis heute hochaktuell. So heimelig dieses Stück auch wirken mag, so kommt darin dennoch auf erschreckende Weise die Zerrissen- heit der modernen Welt zum Ausdruck. Im Zeitalter in der die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird, der Zerfall der Mittelschicht immer weiter voranschreitet, die Altersarmut steigt, Familien aus den Ballungsräumen aufgrund unbezahlbarer Mieten wegziehen müssen, Flüchtlinge die Hilfesuchend nach Europa kommen und auf Menschen treffen die sich durch sie in ihrer materiellen Existenz bedroht fühlen – hat dieser Text eine hochaktuelle Brisanz.
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Naturpark Habichtswald
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